Mein neues Kapitel

Wenn sich ein Kapitel schließt, dann öffnet sich ein neues. Seit ein paar Wochen bin ich nun wieder in Deutschland. Meine letzen Wochen in Südafrika habe ich damit verbracht, nochmal meine Lieblingsorte in Joburg zu besuchen, die Zeit mit den Menschen dort zu genießen und nebenbei für einen Aufnahmetest an der Uni Salzburg zu lernen.

Nach meiner letzten großen Reise erkrankte die Lehrerin, mit der ich das Jahr zusammen gearbeitet hatte, und auf Grund von Personalmangel wurde ich gefragt, ob ich die Klasse für zwei Wochen übernehmen würde. Mit dem Hintergedanken, dass die Kinder ansonsten in die übrigen Klassen mit Kindern auf anderem Lernlevel verbringen würden, sie so vermutlich kaum etwas lernen würden und ich zwei Wochen von den sechs, die mir noch blieben, weniger Zeit mit ihnen haben würde, entschied ich mich dazu die Aufgabe anzunehmen. Es war eine Herausforderung. Ich kannte die Kinder gut und ich war bereits etwa 11 Monate mit im Unterricht als Lehrperson gewesen, doch studierte Lehrerin bin ich trotzdem nicht. Die Lehrerin hatte mir ihre Unterlagen zur Verfügung gestellt und die Stunden waren von ihr weitestgehend vorbereitet, doch es lag an mir, den neuen Stoff den Kindern verständlich zu übermitteln. Als zusätzliche Herausforderung kam hinzu, dass wir nach den Ferien den Zahlenraum von 100 auf 1000 erhöhen sollten und da manche der Kinder schon vor den Ferien mit dem Zahlenraum bis 100 zu kämpfen hatten, war es eine etwas schwierigere Aufgabe. Trotzdem bin ich stolz behaupten zu können, dass die Kinder und ich die zwei Wochen gut überbrückt haben und alle etwas gelernt haben.

Umso näher meine Heimreise rückte, umso gemischter waren meine Gefühle. Auf der einen Seite freute ich mich unglaublich auf mein Zuhause in Deutschland, meine Familie und meine Freunde, doch auf der anderen Seite konnte und wollte ich mir nicht vorstellen, die Kinder, die Leute und mein Leben in Südafrika, das mein zweites Zuhause geworden war, zurück lassen zu müssen.

Nun bin ich also wieder in Deutschland und möchte behaupten langsam wieder angekommen zu sein. Trotzdem: Mir fallen ständig Dinge auf, die in Südafrika anders sind. Vor meiner „Heimreise“ wurde ich aus unterschiedlichen Richtungen darauf hingewiesen, dass mir meine alte Heimat anders begegnen wird, als zuvor und das stimmt. Drei Punkte die mir besonders in meiner ersten Woche in Deutschland schwer fielen, war das „deutsche“ Miteinander, das Zeitgefühl und der Straßenverkehr.

Miteinander – Südafrika vs. Deutschland:
In Südafrika geht man in der Regel erstmal sehr freundlich auf seine Mitmenschen zu. Lernt man jemanden neues kennen, auf der Straße, im Supermarkt oder auf einer Party, so ist man freundlich, hilft einander und nimmt sich Zeit. Einmal stand ich an einem Automaten, um meine Grautrain-Karte (Zug, der von Johannesburg nach Pretoria fährt) aufzuladen. Ich war etwas überfordert, da mir das System nicht bekannt war und schaute mich etwas verwirrt um, da bat der nette Herr, der zuvor am Automaten neben mir zugange war, mir an zu helfen, weil er wahrnahm, dass ich etwas überfordert war. – Hätte er nicht tun müssen.
Mein erster richtiger Kontakt, bedeutet eine Konversation, zu einer mir fremden Person zurück in Deutschland, hatte ich mit einem Schaffner in der Bahn. Es war der Tag, nachdem ich in Deutschland gelandet war, ich war auf dem Weg zu meiner Aufnahmeprüfung in Salzburg. Als ich im Zug saß, kam der Schaffner und fragte nach meiner Fahrkarte. Ich hatte gefühlt tausend Zettel in meinem Umschlag und zeigte ihm wohl den falschen. Da wurde ich genervt darauf hingewiesen, ob ich ihm denn jetzt meinen Fahrschein zeigen könnte. Also suchte ich mich durch das Zettelgewirr und prompt schnaufte es neben mir. Also bat ich ihn freundlich mir zu helfen und erklärte ihm nett, dass es bei mir etwas her sei, dass ich das letze mal mit der Bahn in Deutschland unterwegs gewesen sei und jetzt ein wenig überfordert. Er nahm mir das Zettelgewirr aus der Hand und pfefferte ein Zettel nach dem anderen auf den Tisch vor mir bis er den Fahrschein fand. Etwas gereizt drückte er ihn mir in die Hand und zischte ab. Ich grinste und dachte amüsiert: „Willkommen in Deutschland, Lara!“. Es mag nicht der Traumjob des Schaffners sein und vielleicht hatte er einen anstrengenden Tag, doch muss ich sagen, dass ich im vergangen Jahr die Erfahrung gemacht habe, wie viel besser es einem doch tut, auf jeden Menschen in Ruhe, ohne Vorurteil und besonders freundlich zuzugehen. Das klappt bei mir auch nicht immer, aber wenn man freundlich zu anderen ist, dann hat das auch eine positive Ausstrahlung auf einen selber und ist das nicht schon Motivation genug? – Wer ist denn schon gerne schlecht gelaunt.
Der Schaffner war nicht der einzige bei dem mir das andere Miteinander zurück in Deutschland auffiel.

Zeitgefühl – Südafrika vs. Deutschland
Zur Unpünktlichkeit habe ich schon immer geneigt, auch wenn ich zeitig begonnen habe mich fertig zu machen, so bin ich zum Ende in Stress geraten und habe es vermutlich genau deswegen nicht mehr zeitig geschafft.
In Südafrika wird „Pünktlichkeit“ anders definiert. Wenn ich mich verabredet habe, dann war immer die Frage „deutsche Zeit“ oder „südafrikanische Zeit“? In Afrika gibt es ein Sprichwort, das sagt: „Die Europäer haben die Uhr, wir haben die Zeit.“ – und es stimmt. Verabredet man sich um drei Uhr in Südafrika, da fährt man frühestens um drei los. Ich finde es entspannt, denn so komme ich nicht in Stress und bin dazu immer pünktlich, denn unpünktlich sein kann man nur bei der Arbeit oder zum Feierabend, da sind die Südafrikaner nämlich „in time“.
Das viele Deutschen, wenn es heißt, man treffe sich um drei spätestens um fünf vor drei da sind, das wissen vermutlich die meisten von euch.

Straßenverkehr – Südafrika vs. Deutschland:
In Südafrika bin ich nicht oft selber gefahren, doch im Urlaub schon ein paar tausend Kilometer. Außerdem funktioniert auch der Fußverkehr den Seiten entsprechend, nicht immer, aber oft. Am Anfang hatte ich Orientierungsprobleme beim Fahren in Südafrika. Manches Mal bin ich auf der rechten Seite unterwegs gewesen und musste von meinem Beifahrer darauf hingewiesen werden oder nach einer Zeit fiel es mir selber auf.
Genauso ging es mir auch in Deutschland. Vorher habe ich immer gedacht, dass es, wenn ich erstmal mir bekannte Strecken fahre, kein Problem sein sollte, das war es aber. Ich musste darüber nachdenken, wie man rechts abbiegt, wie man links abbiegt. In Südafrika fährt man über die Kreuzung um rechts abzubiegen, hier um links abzubiegen. Ich habe neulich meinen Bruder von der Schule, meiner alten Schule abgeholt und als ich vom Parkplatz fuhr, da fuhr ich selbstverständlich auf die linke Seite und erschrak mich, als mein Bruder rief, dass ich auf der falschen Seite fuhr.

So gibt es auch noch ein paar andere Kleinigkeiten über die ich stolpere, so wie ich in Südafrika auch gestolpert bin.

Doch nur weil mein Freiwilligendienst nun offiziell zu Ende ist, heißt das nicht, dass ich jetzt hinter Südafrika einen Haken mache und das Thema für mich durch ist. Die vielen positiven und auch negativen Erfahrungen haben mich geprägt, ich habe viele wundervolle Dinge erleben dürfen, an die ich noch gerne zurückdenken werde. Mir bleiben all die Erfahrungen, Erlebnisse, Abenteuer und hoffentlich einige der Kontakte. Irgendwann wird mich eine Reise wieder nach Südafrika führen.
Als ich mich von den Kindern verabschiedete, da versprach ich ihnen, sie mit zu nehmen in meinen Erinnerungen und auch in meinem Herzen und sie könnten mich genauso da behalten, wie ich sie mitnehme. Ich denke, das hat ihnen genauso wie mir geholfen. Am Ende ist mir nochmal bewusst geworden, wie viel ich den Kindern bedeute. Ich hatte ein bisschen schlechtes Gewissen zurück in mein „europäisches Leben“ zugehen und ohne sie weiter zu machen. Manche der Kinder brauchen mehr Liebe als andere, das hat meist mit den familiären Begebenheiten zu tun. Wenn zu Hause niemand Zeit für sie hat, sie keine eigenen Eltern haben, die sie lieben, dann suchen sie die Zuwendung woanders. Mir ist nochmal bewusst geworden, dass ich solch eine Person für den ein oder anderen werden durfte, was mich sehr ehrte, doch wollte ich sie nicht mit meinem Gehen verletzten. Ich habe versucht es uns so leicht wie möglich zu machen. Dieses Thema ist ein Grund warum es Menschen gibt, die nicht viel von jungen Europäern halten, die einen Freiwilligendienst auf einem anderen Kontinent, fern von zu Hause machen. Mich hat das Thema auch oft beschäftigt. Es gingen mir Fragen durch den Kopf, ob es von mir fair sei „nur“ für ein Jahr in die Leben zu treten und dann wieder zu „verschwinden“, denn auch wenn ich jetzt noch Kontakt zu der Lehrerin habe, mit der ich gearbeitet habe und sie den Kindern von mir berichtet und sie mir von den Kindern, bin ich doch irgendwie verschwunden. Doch haben wir viel Spaß miteinander gehabt und einiges erlebt und so denke ich, wie ich schon geschrieben habe, dass wir uns in Erinnerung behalten, so lange das jeder einzelne möchte. Die Kinder haben mich ein Stück weit geprägt und so ich die Kinder vielleicht ein ganz kleines bisschen.

Dies wird vermutlich mein letzter Eintrag zu meinem Freiwilligendienst in Südafrika sein. Wenn ich mir Zeit genommen habe bzw. die Zeit hatte, um meinen Gedanken und Überlegungen freien Lauf zu lassen, habe ich viel Spaß daran gehabt euch zu berichten und euch teilhaben zu lassen. Ich hätte noch gerne über so viel mehr geschrieben, doch ist es dann meist wirklich an der Zeit gescheitert. Wenn mich jetzt jemand fragt, ob ich nicht irgendwas erzählen könne aus Südafrika, da fällt es mir noch schwer – immerhin war es ein ganzes Jahr von meinen fast 20 Lebensjahren. Nach und nach kommen die „Geschichten“, die Dinge wieder von denen ich erzählen kann, meist in irgendwelchen Gesprächen, da funkt es da oben plötzlich, wie das mit Erinnerungen halt so ist.

Es hat mich gefreut zu berichten und ein paar Gedanken freien Lauf zu lassen
und es hat mich gefreut euch als Leser zu haben, danke 🙂

Nun sitze ich gerade wieder im Zug nach Salzburg – ein neues Kapitel in meinem Leben beginnt. Ich habe den Aufnahmetest bestanden und werde ab kommender Woche Kommunikationswissenschaften an der Uni Salzburg studieren. Seit meiner Heimkunft ist doch schon wieder einiges passiert.

Liebe Grüße,
Lara

PS: Nun bin doch in Salzburg gelandet und die ersten Hürden sind überwunden. Obwohl hier deutsch gesprochen wird, fühlt es sich oft an wie eine Fremdsprache, so viele Dinge haben hier einfach einen anderen Namen – ein wenig anders als Zuhause im Ruhrgebiet. Vielleicht ein neues Abenteuer … – irgendwie.

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Salzburg

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Die letzte Reise

Anfang Juli machte ich mich mit dem Flieger auf in Richtung Port Elizabeth (PE), einer Stadt an der Ostküste Südafrikas. Ich habe mich dazu entschieden ruhige Tage bei den SAGE Net-Freiwilligen in PE zu verbringen, bevor sich Mitte des Monats meine Oma zum Besuch angekündigt hatte.

Vor mir stand meine letzte große Reise in Südafrika während meines Freiwilligensozialenjahrs.

Während die PE-Freiwilligen arbeiten mussten, verbrachte ich die Tage mit Ausschlafen, Strandspaziergängen und damit die Gegend zu erkunden. So ein paar ruhige Tage hatte ich doch echt nötig, nachdem ich in den vergangenen Monaten so viel erlebt hatte.

An einem Donnerstagmorgen, an dem meine Oma in Port Elizabeth landen sollte, stieg bei mir die Vorfreude auf die gemeinsamen Tage mit Omama. So machte ich mich am Vormittag auf zum Flughafen, um sie abzuolen.

Unsere Unterkunft war direkt an der Promenade, nicht weit war der Weg zum Shark Rock Pier.

Von hier aus kann man einen wunderbaren Spaziergang am Wasser entlang machen.

An einem Mittag saßen wir gerade beim Essen, als wir nah am Strand Delphine aus dem Wasser hüpfen sahen.

 

Einen Tag nutzen wir für eine Tour in den Addo Elephant National Park.

 

An dem darauf darauffolgenden Sonntagmorgen starteten wir unsere Rundreise auf der Garden Route.

Noch am selben Tag besuchten wir den Tsitsikama Nationalpark. Wir liefen durch den Urwald und über eine Hängebrücke. Hier trifft der Storms River auf den indischen Ozean. Die Landschaft ist einfach atemberaubend.

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Weiter ging es nach Knysna. Hier übernachteten wir zwei Nächte. An einem der Tage machten wir einen Ausflug in den nahegelegenen Ort Plettenberg Bay. Von hier aus fuhren wir mit einem Boot aufs Meer hinaus für eine Waltour …

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… und wir hatten Glück, denn wir sahen Buckelwale. :-))

 

Von Knysna ging unsere Reise weiter nach Oudtshoorn. Einen Zwischenstop legten wir bei der „Map of Africa“ ein. Die „Map of Africa“ ist ein Hügel, der den Umriss Afrikas hat.

 

In Oudtshoorn angekommen, besuchten wir eine Straußenfarm.

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Straußen sind komische Tiere, finde ich. Es gibt viele, die behaupten, Straußen seien schöne Tiere, dem kann ich nicht so ganz zustimmen. Sie sind zwar super schnell und sehr beweglich, sie haben einen unglaublich scharfen Sehsinn, doch da ihr Gehirn kleiner ist als eines der Augen, können sie Informationen nicht gut verarbeiten. Beobachtet man Straußen in ihrem verhalten, da sieht man ihnen ihre „Unwissenheit“ an, finde ich.

Übrigens probierten wir Straußenfleisch, es ist eine Spezialität. Es hat super geschmeckt! 😀 Straußenfleisch hat einen sehr geringen Fettanteil und es heißt, es sei das gesündeste Fleisch, das man essen könne. Jedem, den es mal nach Südafrika treibt, empfehle ich, Strauß zu probieren. – Es lohnt sich.

Nach der Garden Route verbrachten wir noch wunderbare Tage in Kapstadt und Johannesburg.

Eine letzte wunderschöne Reise während meines Freiwilligendienstes. – Liebe Omama, schön, dass du da warst! Ich habe die Zeit sehr genossen 🙂 Danke dir dafür!

 

 

Meine Muttersprache wird zur Fremdsprache

Ein Gespräch mit meiner Projektpartnerin. Wir unterhalten uns über die heutigen Vorfälle in der Schule. In der Schule sprechen wir Englisch. – Was genau war nochmal das deutsche Wort für „naughty“? Mhh.. nicht so wichtig, sie weiß ja was ich meine.

Später schreibe ich mit einer Freundin von zu Hause. Wir kommen auf meine Arbeit … Mist … das deutsche Wort … wenn ich jetzt von den „naughty children“ oder „naughty Kindern“ schreibe, kommt das komisch und außerdem möchte ich das deutsche Wort wissen. Lara, denk …  denk naaach! … das kann doch nicht sein, du hast über 18 Jahre lang fast 24/7 Deutsch gesprochen und nur weil du jetzt seit ein paar Monaten mehr Englisch sprichst, hast du solche Wortfindungsschwierigkeiten in deiner eigenen Muttersprache? – So geht es mir oft. Manchmal dauert es einen ganzen Tag bis ich mich wieder erinnere an das deutsche Wort. – „Aahh, ich weiß es wieder „frech/ungezogen“.“ Häufig kommt es vor, dass ich eine Nachricht schreibe und sie abschicke. Später fällt mir der wirre Satzbau auf. „Mein Tag war echt anstrengend heute. Die Kinder waren so unglaublich laut und gehört haben sie nicht.“ Kann man das so sagen? Ich weiß es nicht. Hört sich seltsam an, finde ich. Naja, bei WhatsApp ist das nicht soo schlimm.

Meiner Oma schreibe ich eine Mail. Mails sind irgendwie immer ein bisschen förmlicher als WhatsApp, finde ich. Das fällt mir dann schon manchmal etwas schwerer. Wo kommt das Komma hin? Das Hilfsverb kommt das hier hin im Deutschen oder war das so im Englischen oder in keiner der beiden Sprachen? Ich bin verwirrt. Naja, ein Weltuntergang ist auch das nicht.

Trotzdem: Damit habe ich echt Probleme, auch wenn ich Blog schreibe. Sehr wahrscheinlich verzeiht man es mir, aber ich find es irgendwie ätzend, manchmal. – Merkst du meinen Satzbau? – So weird! … ach Mist, ähm … komisch? Ne … das Wort!? Ich weiß nur das englische Wort, es passt so gut in den Kontext, finde ich, aber was ist denn die Übersetzung? Ok, google …  – sonderbar, seltsam, merkwürdig.- aahja, das macht Sinn.

An einem Abend treffe ich mich mit ein paar Leuten. Wir sind in einer Kneipe. „Kannst du mir mal bitte den Stuhl hinter dir ..“ – ähm, warte, das ist Deutsch, der spricht doch gar kein Deutsch. – Und da kommt schon: „WHAT!?“ und es wird gelacht. – Ja, sorry, passiert manchmal. Naja, erstes Gesprächsthema schon mal gegeben. Eine Freundin aus dem Senegal, studiert in Paris, spricht Französisch. Sie hat dasselbe Problem. Mit einer anderen französischen Freundin saß sie letztens erst am Frühstückstisch, die beiden waren alleine. Sie fing das Gespräch in Englisch an und dann … kam der Moment … warum Englisch? Warum nicht Französisch?

So ist das, wenn das Gehirn nicht mehr so viel darüber nachdenkt, was man wie in der eigentlichen Fremdsprache sagt. Umso besser mein Englisch wird, umso gefühlt schlechter mein Deutsch.
Und ich fand es irgendwie immer ein klein wenig seltsam oder sagen wir befremdlich, wenn jemand aus dem Ausland wieder heim gekommen ist und die deutschen Worte nicht mehr wusste, ich mein das ist die Sprache mit der die meisten bei mir zu Hause aufgewachsen sind. Nun bin ich wohl auch so eine, gehöre wohl auch dazu. Aber ich weiß, bei den anderen hat sich das schnell wieder gelegt und so hoffe ich, so wird es bei mir auch sein.

 

Familienurlaub in Südafrika

Der Urlaub mit meiner Familie ist nun echt schon einige Zeit her. Doch trotzdem möchte ich euch noch davon berichten.

Wie ich schon in „Halbzeit“ angedeutet habe, ist meine Familie zu Besuch gekommen.

Am 23. März endete unser Zwischenseminar gegen Mittag. Meine Familie, die bereits am 18. in Kapstadt gelandet ist, hatte mir versprochen, mich in Hermanus abzuholen.

Natürlich habe ich mich seid Tagen, wenn nicht sogar Wochen gefreut sie nach einem halben Jahr wieder zu sehen.
Als ich die Nachricht erhielt, dass sie bald eintreffen werden, da stieg die Nervosität dann doch etwas. Am Anfang war es doch irgendwie unwirklich. Gerade habe ich mich noch mit meinen Mitfreiwilligen über Themen, die uns hier täglich beschäftigen, wie Identifikationsprobleme, Rassismus und die breite Spanne zwischen Arm und Reich in der südafrikanischen Bevölkerung unterhalten und nun standen meine Eltern und Geschwister, die aus Deutschland gekommen waren, mitten im Geschehen. Solange hatte ich mich auf ihren Besuch gefreut und jetzt war es Wirklichkeit. Nachdem ich mich nun von den anderen Freiwilligen verabschiedet hatte, ging es mit den Vieren in unseren gemeinsamen Südafrikaurlaub.

Kaum saßen wir Auto und waren einige Kilometer gefahren, war es irgendwie fast genauso wie immer, dieselben Neckerein, dieselben Sprüche, derselbe Humor, meine selbe Familie. 🙂
Erzählen von den gemeinsamen Erlebnissen möchte ich euch in Bildern:

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Auf dem Weg von Hermanus in Richtung Kapstadt

Einige Tage verbrachten wir in Kapstadt und Umgebung.

 

Abends am Strand nahe unserer Unterkunft

 

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Darauf ging es mit dem Flugzeug nach Johannesburg. Von hier aus fuhren wir nach Pilanesberg und machten eine Safari.

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Die Sonne ging auf und der Mond war noch zusehen.

Johannesburg.

 

Northkliff-Hill:

Youth Day

Es ist „Youth Day“ (dt. Jugendtag). Heute wird gedacht an den Beginn des „Soweto uprising“, dem Aufstand in Soweto. Soweto (SOuthWEstTOwnship) war ein Zusammenschluss aus Townships im Südwesten  Johannesburgs. Heute gilt Soweto als eigenständige Stadt. Hier findet man Malls, Häuser, große und kleine Autos, aber auch Wellblechhüten und Armut. Das Leben scheint viel auf den Straßen statt zufinden, es ist ein anderes Zusammenleben als in vielen anderen großen Städten.

Im Jahr 1974 hat die südafrikanische Regierung beschlossen, als offizielle Unterrichtssprache an allen Schulen im Land Afrikaans einzuführen, die Sprache der weißen, reichen Herrschaftsschicht. Viele junge schwarze Afrikaner konnten kein gutes beziehungsweise gar kein Afrikaans sprechen und so wurde ein Aufstand ins Leben gerufen, der am 16. Juli 1976 in Soweto mit Protesten startete.  Es wurde demonstriert gegen die rassistische Bildungspolitik und das Apartheidsregime, in dem die schwarze Gesellschaft unterdrückt wurde. Mehr als zehntausend junge Menschen trafen sich am Morgen des 16.Juni für die Demonstrationen. Von der Polizei wurde versucht, den Aufstand mit Gewalt zu stoppen und so begannen sie ohne Vorwarnungen zu schießen. Die Aufstände zogen sich in den zwei darauf folgenden Jahren durch Townships im ganzen Land und forderten viele Todesopfer. Hector Pieterson war damals 12 Jahre alt und gilt als eines der ersten Todesopfer des Aufstandes, er wurde am 16.Juni 1976 erschossen. Sein Name wird daher oft in den Zusammenhang mit dem Youth Day und den Protesten gebracht. In Soweto steht ein Denkmal zu Gedenken an ihn und die tragischen Proteste.

Anlässlich dieses Feiertages habe ich für diese Woche ein Projekt mit unserer Klasse gestartet.

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Wir haben zusammen überlegt welche verschiedenen Hintergründe die Menschen in Südafrika haben und wie sie aussehen, die Kinder haben sie dann gemalt. Die Personen sagen in Zulu, Afrikaans und Englisch, den drei Sprachen, die an unserer Schule hauptsächlich vertreten sind:

  • „Unser Recht ist es, in unserer Sprache zu lernen“
  • „Es ist nicht wichtig, wie ich aussehe, wo ich herkomme und welche Sprache ich spreche. Wir sind gleichberechtigt.“
  • „Ich bin gut, so wie ich bin.“
  • „Ich spreche Zulu/Afrikaans/Englisch.“

Diese Sätze sind auf die ganze Welt übertragbar und sie gehören zu den Bedingungen, die für Frieden herrschen müssen.

Unterschiede – Nachdenken

Südafrika vs. Deutschland. So oft habe ich schon über kulturelle Unterschiede geschrieben. Darüber nachgedacht und gesprochen noch viel häufiger. Fallen Unterschiede auf, wird verglichen: „Was funktioniert besser? Was macht glücklicher? Welcher Weg ist der bessere an Dinge heranzugehen?“ und noch so viele andere Fragen. Stellt man diese Fragen, sind die Antworten Wertungen. Ja, mit Wertungen muss man vorsichtig sein. Schreiben, ohne dass Wertungen hineininterpretiert werden, ist schwierig, besonders wenn es nicht langweilig werden soll. Hinterfragen ist eine Auseinandersetzung mit sich selber und den Mitmenschen. Eine andere Kultur, wie ein anderer Mensch, andere Wege an Dinge heranzugehen .. es ist so inspirierend! Hinterfragen, dich, mich, andere, die Welt, wie sie ist und funktioniert – von Mensch zu Mensch, von Ort zu Ort unterschiedlich. Ist es nicht menschlich zu hinterfragen? Man ist Mensch. Mensch muss Hinterfragen und ein Stück weit Werten, um sich zu entwickeln. Hinterfragen sich und andere, das Eigene und das des Anderen, das scheint gut zu tun, wenn es im Ausgleich bleibt, um einen Platz in der Welt zu finden oder zu ändern. Mensch hat Fragen und braucht Lösungen. Hinterfragen ist menschlich. Mancher tut es mehr, anderer weniger. Es ist Persönlichkeitsentwicklung oder Persönlichkeitsfortbildung. Verschiedenheit ist inspirierend und spannend.

Stolpern

Zu Fuß unterwegs auf der Autobahn … in Deutschland kaum vorzustellen, hier selbstverständlich. Wenn man von A nach B kommen möchte, ist auch manchmal zu Fuß oder mit dem Fahrrad der einfachste Weg über die Autobahn. Passiert das in Deutschland wird in der Verkehrsmeldung im Radio sofort gewarnt und die Polizei sorgt dafür, dass die betroffene Person schnellstens aus der Gefahrenzone kommt. So ist es auch einem unserer Freiwilligen ergangen. Manelisi ist in Port Elizabeth aufgewachsen, an der Ostküste Südafrikas. Seit Februar 2015 leistet er seinen Freiwilligendienst in Deutschland bei der Lebenshilfe Bonn. Ein Artikel im Bonner General Anzeiger berichtete über seinen Alltag und kulturelle Unterschiede mit denen er genauso konfrontiert wurde, wie es bei mir andersherum der Fall war und ist. Ich habe den Artikel damals mit großer Freude gelesen und nun geht es mir auch so: Fußgänger unterwegs auf der Autobahn, als jüngerer Spricht man ältere häufig mit „Oma“ oder „Mama“ an, um Respekt zu zeigen und so viele andere größere und kleinere Dinge über die man besonders in den ersten Monaten in einer anderen Kultur stolpert, man ist verwundert, verwirrt, amüsiert.

Erst vor kurzem ist es mir wieder passiert, das Stolpern.
Ich habe an einem Sponsorenlauf eines Kinderheims in Johannesburg teilgenommen. Das Haus liegt an einer Autobahn, am Rande der Stadt. Die ersten hundert Meter liefen wir über eine Parallelstraße links neben der Autobahn und dann bogen wir rechts ab. Die Polizei hatte die Autobahn für uns gesperrt. Ich amüsierte mich darüber, in Deutschland sucht man sich einen naheliegenden Brücke oder einen Tunnel, um das Hindernis „Autobahn“ zu umgehen.  Mittlerweile wundere ich mich auch nicht mehr über Menschen die die Autobahn überqueren, auf dem Mittel- oder Standstreifen laufen, aber eine Menschenmasse auf der Autobahn habe ich noch nicht gesehen und kommt mir komisch vor. Auf der Gegenfahrbahn angekommen stelle ich fest, ich habe mich getäuscht, wir haben die Fahrbahnen nicht nur überquert, der Lauf geht weiter über die Autobahn. Ich stelle mir den Anblick vor und denke mal wieder daran, dass in Deutschland niemand auf die Idee kommen würde, erst recht nicht mit Kindern. Selbst wenn, dann wäre schon weit im Voraus in den Medien bekannt gegeben worden, dass es für den Zeitraum eine Vollsperrung gäbe. Wir aber sind in Südafrika und gehen über den Standstreifen, während neben uns der Verkehr nun wieder fährt. Diese Art von stolpern, das Aufkommen von neuem, von etwas das anders ist, ist oft schön, es zieht einen aus dem Alltagstrott raus. Man denkt nach über Verschiedenes, über Unterschiede.

Zwischenseminar

Der letzte Schultag vor den Osterferien war der 18. März. Wir Freiwilligen sollten am Nachmittag in Hermanus, nahe Kapstadt, zu unserem Zwischenseminar eintreffen. So machte ich mich mit Niklas und Linda schon am Donnerstag mit dem Reisebus auf in Richtung Kapstadt. Dort trafen wir am Freitagvormittag bereits einen großen Teil unserer Mitfreiwilligen wieder. Ein paar hatte ich zuletzt auf dem Vorbereitungsseminar gesehen und so war die Freude groß. Zusammen ging es dann nach Hermanus, wo wir die anderen Sage Net-Freiwilligen wieder sahen und auch auf neue Gesichter trafen. Das Seminar wurde zwar von Sage Net geleitet, doch haben sich ein paar andere Organisationen an unser Zwischenseminar angeschlossen und so waren wir 26 Sage Net-Volontäre, 13 Externe und vier Seminarleiter plus Familie, also eine ganz schön große Gruppe.
In den folgenden 5 Tagen wurde sich viel ausgetauscht, reflektiert und diskutiert. Vorgegebene Themen waren zum Beispiel Challenges im Alltag und bei der Arbeit, Rassismus, Ziele für die zweite Hälfte Freiwilligendienst. So ziemlich jedes Gespräch war interessant und aufschlussreich. Nicht nur während der Seminareinheiten, sondern auch in unserer freien Zeit ging es viel um unsere Erfahrungen und Erlebnisse.
Es ist wahnsinnig toll, Zeit mit Gleichgesinnten aus anderen Projekten zu verbringen. Man wird verstanden, die anderen haben das Recht auch mal ein eher kritisches Wort fallen zu lassen, denn sie befinden sich in ähnlichen Situationen, man wird angeregt nochmal anders an Dinge heran zu gehen und man bekommt nochmal einen etwas anderen Blick auf seine Arbeit. Ich habe die Zeit sehr genossen und war froh wieder auf diese tollen Menschen treffen zu dürfen! – Im letzten Jahr sind mir einige unglaublich ans Herz gewachsen und gute Freunde für mich geworden. 🙂

Schule im Wandel

In einem meiner letzten Beiträge habe ich erwähnt, dass sich in der Schule momentan einige Dinge im Wandel befinden.
Am Dienstag nach meinem Skydiving hat die Schulleitung sich spontan dazu entschieden zu kündigen. Es gab einige Differenzen zwischen ihr und dem Kollegium. Vom Headoffice, der obersten Leitungsebene der Sparrow Schools wurde die Leitung der Foundation School für die letzten Schultage vor den Ferien vorübergehend übernommen.
Am Ende der Osterferien kam dann die Nachricht, intern sei eine neue Schulleitung gefunden worden, sie kommt vom FET, einer der drei Schulen, die zu Sparrows gehört. Am Dienstag, den 5.April sollte die Schule wieder starten. Wir wurden gebeten schon am Montag für ein Meeting in der Schule zu sein, um die neue Schulleitung willkommen zu heißen. Es war bereits vor den Ferien offensichtlich, dass ein Umschwung bevorstehen würden. Nun stehen einige kleinere und größere Veränderungen inhaltlicher und struktureller Art an.
Doch ich denke, alle Mühen, Anstrengungen und Unannehmlichkeiten lohnen sich für die Kollegen, unsere Freiwilligen-Nachfolger und ganz besonders für die Kinder. Für alle Beteiligten hoffe ich, dass die Veränderungen den richtigen Weg ansteuern und mit der Zeit Ruhe und Alltag einkehren kann.
Es ist toll und interessant an diesen Veränderungen teilhaben zu dürfen!